Das 26. Wave-Gotik-Treffen (WGT) fad vom 1. bis zum 5. Juni 2017 in Leipzig statt. Und wie immer gab es ein umfang- und abwechslungsreiches Angebot.
Donnerstag
Wie jedes Jahr ging es am Donnerstag zum Sadgoth.com-Treffen im Bayerischen Bahnhof. Es folgte ein kurzer Besuch in der Moritzbastei, es war allerdings so voll, dass ich relativ schnell weiter ins Hotel gegangen bin, um zumindest noch einmal etwas mehr Schlaf zu tanken.
Freitag
Der Freitag stand wie fast immer im Zeichen des Felsenkellers. Hier wurde heute ein schönes Gothrock-Programm geboten. Den Anfang machten WIRES & LIGHTS, quasi die Nachfolgeband von PASSION PLAY. Und genauso klingen sie auch: schöner 90s Gothic Rock. Band Nummer 2 waren AEON SABLE, die wie schon bei den letzten Konzerten, die ich besucht habe, eine erstklassige Show ablieferten. Dritte Band waren BFG, deren gerade mal zweiter Gig nach der Reunion im letzten Oktober einmal mehr den Saal zum kochen brachte. Vorletzte Band des Abends waren dann WHISPERS IN THE SHADOW, die eine gelungene Show mit einem schönen Querschnitt ihrer Bandgeschichte präsentierten. Tages-Headliner waren dann SKELETAL FAMILY. Da Sängerin Anne Marie am Vorabend von einem Hund im Gesicht gebissen wurde, was mit 27 Stichen genäht werden musste, hatten viele mit einer Absage gerechnet. Aber die Band spielte dennoch ein gut halbstündiges Set, und nur wer sie schon häufiger gesehen hat, konnte bemerken, dass Anne Marie etwas weniger herumsprang als sonst. Ansonsten war es ein Top-Konzert. Damit wäre der Tapferkeitspreis des Jahres vergeben – und ein volles Set im nächsten Jahr wurde auch bereits angekündigt. Danach wäre ich gerne zu AMANDA PALMER & EDWARD KA-SPEL in die Agra gefahren, aber es wartete noch ein Tagesordnungspunkt: Auflegen bei der IN GOTH WE TRUST in der elipamanoke e.V. – die Setlist gibt es HIER zum Nachlesen. Um halb 8 war ich letztzendlich wieder im Hotel und konnte mir etwas Ruhe gönnen.
Samstag
Der Samstag war dann mein „Wandertag“, denn ansonsten versuche ich ja, einen Wechsel des Veranstaltungsortes zu vermeiden, da hier zu viel Zeit verloren geht. Aber es half alles nichts, das Lineup wollte es so… Den Anfang machten THE AGNES CIRCLE im Stadtbad mit schönem Postpunk der jüngsten Generation. Anscheinend war aber der Mitarbeiter, der letztes Jahr im Landratsamt so sehr daran interessiert war, dass nur niemand filmt, nun hier zuständig. Zumindest wurde neben mir jemand äußerst unfreundlich darauf hingewiesen, nicht zu filmen. Daher habe ich es dann gleich bleiben lassen. Wie dem auch sei, danach war das Landratsamt dran, wo die italienischen Shoegazer von KLIMT1918 an der Reihe waren und ein gelungenes Set auf die Bühne brachten. Der Grund für meine Anwesenheit hier (immerhin habe ich so SOVIET SOVIET und die SCARY BITCHES verpasst) folgte im Anschluss. Mit NICOLE SABOUNÉ feierte wohl die erste Künstlerin, die je bei „The Voice“ teilgenommen und dann auf dem WGT gespielt hat, ihr Deutschland-Debüt. Und es war ein voller Erfolg. Mit einer Band aus fähigen Musikern wurde es ein tolles Indie-/Postpunk-Konzert, und auch ein Madonna-Cover („Frozen“) ließ es dank erstklassiger Umsetzung nicht zu poppig werden. Im Anschluss folgte dann ein Wechsel ins Täubchenthal, wo ich gerade rechtzeitig zum Auftritt von BLOODY DEAD AND SEXY ankam. Die wohl langlebigste deutsche Deathrock-Band zeigte einmal mehr, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehört und brachte ordentlich Bewegung in die Menge. Ebenfalls noch längst nicht weg von Fenster sind die SEX GANG CHILDREN, die den Samstagabend abschließen durften und ein tolles Set mit vielen alten Perlen wie „Beasts“, „Dieche“ oder „Mauritia Mayer“ spielten. Im Anschluss blieb ich noch etwas auf der WHEN WE WERE YOUNG Party, bevor dann die Müdigkeit zuschlug und der Weg ins Hotel angetreten wurde.
Sonntag
Sonntag war dann der Tag mit den meisten Programmpunkten. Zuerst ging es zu einem Vortrag von LYDIA BENECKE über psychopathisches Verhalten am Beispiel des Films „Tangled“ („Rapunzel – Neu verföhnt“) – noch vor dem Frühstück! Für die Bands war dann der Volkspalast der Spielort des Tages. Und gleich die erste Band LEA PORCELAIN wurde zu meiner Entdeckung des Festivals. Ein kraftvolles Set mit großartigen Musikern und treibenden Drums – toll! Es folgten BLEIB MODERN mit Postpunk „made in Germany“, die meiner Meinung nach ein wenig unter dem Sound in der Kantine gelitten haben. Wieder in der Kuppelhalle dann das wohl beste Konzert dieses WGTs, denn WHISPERING SONS begeisterten – anscheinend auch zur eigenen Überraschung – den vollen Saal mit dem besten Set, das ich bei dieser ohnehin schon hochkarätigen Band bisher gesehen habe. Die Musik und die Atmosphäre des Saals passten auch perfekt zueinander. Wieder in der Kantine folgten RITUAL HOWLS, die zwar ein schönes Set spielten, aber wie schon Bleib Modern zuvor recht dürftig abgemischt waren. Eine der Bands, auf die ich sehr neugierig war, folgte dann in Gestalt von SOFT KILL. Es war ein recht emotionales Set, und Sänger Tobias war sichtlich begeistert von der Kuppelhalle. Wieder in der Kantine spielten dann DESPERATE JOURNALIST ein kraftvolles Konzert, bei dem dann auch der Sound deutlich besser war als bei den Bands davor. Schließlich folgte noch ein Wechsel zur Agra, um zumindest noch einen Teil des Sets von THE MISSION mitzubekommen, was sich auch gelohnt hat, denn die Band funktioniert eigentlich immer. Dann gab es eine kleine Wartepause bis zum Mitternachtsspecial von SKINNY PUPPY. Nun bin ich selbst kein so großer Fan von Musik dieser Spielart, dennoch war es eine durchweg gelungene und unterhaltsame Show, und ich bin doch froh, diese Musiklegende wenigstens einmal gesehen zu haben. Da es danach schon weit nach 2 Uhr war, fielen weitere Party-Aktivitäten danach zu Gunsten von etwas Bettruhe aus.
Montag
Und schon war der letzte Festivaltag angebrochen. Wie inzwischen schon fast Tradition, fand der Montag im Alten Landratsamt statt und begann mit VAIN WARR, dem neuen Projekt von ex-BLACKLIST-Sänger Joshua Strawn. Nach einigen neuen Stücken gab es dann auch ein paar Blacklist-Stücke zu hören, einschließlich einer neuen Version von „Odessa“. Schön! Zweite Band waren HOLYGRAM, die wie schon in Hilden ein tolles Set mit ihrer Mischung aus Postpunk, Krautrock und New Wave ablieferten, unterstrichen durch Projektionen im Hintergrund. Die Band in der Mitte waren DRAB MAJESTY, die eine äußerst gelungene neue Interpretations des Themas „Gothic Rock“ zelebrierten, bei einem Stück von niemand geringerem als KING DUDE untertützt. Vorletzte Band waren KLEZ.E, die offenbar THE CURE sehr mögen. Ich auch – allerdings kann ich (wie schon letztens erwähnt) nur mit wenigen Bands mit deutschem Gesang wirklich etwas anfangen, und so ging das Konzert trotz schöner Musik ein wenig an mir vorbei. Den Festival-Abschluss bildeten dann B-MOVIE, die neue und alte Stücke ihrer über 35-jährigen Bandgeschichte spielten – natürlich als Zugabe auch das wohl unvermeidliche „Nowhere Girl“. Mein Highlight war allerdings „Polar Opposites“, das auch häufig den Weg in meine Auflegerei findet. Es folgte noch ein Besuch im Täubchenthal bei der CHICAGO VS. DRESDEN Party mit den DJs Scary Lady Sarah, William Faith und Rosedemon, bei der sich der „Treffen-Fuß“ allerdings dann doch langsam bemerkbar machte. So wurde es keine allzu späte Nacht, und das WGT war schon wieder vorbei.
Freuen wir uns auf das WGT Nummer 27 im nächsten Jahr!